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Kurzbiographien bedeutender Vereinsmitglieder

VALENTIN LOCH (1813–-1893)
THEOLOGIEPROFESSOR UND „EHREN-VORSTAND“ DES HISTORISCHEN VEREINS

von FRANZ KOHLSCHEIN in BHVB 141 (2005) 220–-223
Valentin Loch wurde am 24. September 1813 in Bamberg geboren, wo er auch am 14. Juni 1893 starb. An das Theologiestudium am dortigen Lyzeum schloß sich 1838 die Priesterweihe an. Nach der theologischen Promotion in München wurde er 1843 Theologieprofessor am Lyzeum in Amberg. Im Zuge der Aufhebung der theologischen Fakultät in Amberg wurde Loch 1863 pensioniert, siedelte nach Bamberg über und lehrte ab 1865 bis zu seiner Emeritierung 1884 biblische Wissenschaft und alte Sprachen am Bamberger Lyzeum. Mit der 1889 erfolgten Ernennung zum päpstlichen Hausprälaten wurde sein Wirken geehrt.
Als theologischer Lehrer erlangte Loch Bedeutung auf dem Gebiet der Exegese. Neben Quellenstudien gab er zusammen mit Wilhelm Th. Reischl die verbreitete Bibelübersetzung „Die heiligen Schriften des alten und neuen Testamentes nach der Vulgata mit steter Vergleichung des Grundtextes“ (4 Bde., Regensburg 1851–1866; 1914) mit praktischen Erklärungen heraus. Im Bamberger Klerus zählte er bei den Auseinandersetzungen um das Unfehlbarkeitsdogma des I. Vatikanischen Konzils zur ultramontanen Partei.
Sein historisches Interesse praktizierte er im Historischen Verein Bamberg, wo er vom 25. Juni 1875 bis zum 10. Januar 1884 das Amt des 1. Vorsitzenden innehatte und bei seinem Ausscheiden zum Ehrenvorsitzenden ernannt wurde. Sein umfangreiches Engagement dokumentieren die Jahresberichte von 1875 bis 1883. Darin zählt er nüchtern die Fakten auf, doch im seinem ersten Bericht über das Jahr 1875 definiert er: Die Aufgabe eines Vereins, welcher seinen Mitgliedern keine materiellen Entgelte zu bieten vermag, sondern sie nur mit Leistungen an Arbeit und Zuschüssen in Anspruch nimmt, darf in unseren Zeitläuften, in welchen alle wissenschaftlichen Arbeitskräfte für ihren angewiesenen Special-Bedarf vollauf in Anspruch genommen sind, schon als gelöst betrachtet werden, wenn er sich in der Weise, wie und zu welchen Zwecke er gegründet worden ist, erhält. Dies dürfte auch vom historischen Vereine dahier ganz besonders gelten. Sehr aktuell ist seine Klage, daß die Reihen der Männer, welche Vorliebe und Muße zur Bearbeitung Bamberger Detail-Geschichte hatten, sich merklich lichteten, und die neuen Mitarbeiter nicht mehr die entsprechende Zeit hätten, um das mühselige Feld der Erforschung der Original Quellen Bamberger Geschichte ersprießlich zu bebauen.
Lochs eigene Forschungsbeiträge sind sorgfältige Detailstudien wie die Artikel „Schenkungsbrief von Conrad Zolner an das Kloster von St. Clara dahier“,„Fürstbischof Johann Georg II. als Präsident der Kaiserlichen Commission für den fränkischen Kreis zur Durchführung des Restitutionsedicts im Jahre 1629“ und „Notizen über den am 20. Mai 1891 auf dem Michaelsberge gemachten Fund“. Loch unterbaut damit seine Auffassung, daß erst die geschichtliche Erforschung von Erscheinungen im Kleinen und Einzelnen und von momentaner und localer Bedeutung den Charakter einer ganzen Zeit erkennen lassen. Die Beiträge „Dr. Adam Martinet“ und „Gedenkblatt für Herrn Pfarrer Georg Raab“ wollen wichtige Mitarbeiter des Historischen Vereins durch Lebensskizzen zum bleibenden Gedenken ehren.
Lochs historisches Hauptwerk ist die „Geschichte der Pfarrei zu Unserer Lieben Frau in Bamberg, im fünften Jahrhundert ihres Bestehens, 1787–-1887“. Für Loch muß eine Pfarrgeschichte zwei Gesichtspunkte berücksichtigen, einmal soll sie so geschrieben sein, daß sie für alle Angehörigen der Pfarrei Interesse bietet und leichtem Verständnisse zugänglich ist, zum anderen soll sie Volksgeschichte sein und die Entfaltung des particulären Lebens in seiner Eigenheit wiedergeben. Der Blick in das Inhaltsverzeichnis zeigt den umfassenden Ansatz Lochs, der die Pfarrkirche und die Nebenkirchen mit ihrer Ausstattung, Clerus und Bedienstete, Pfarrangehörige, Institute für Bildung wie Schullehrerseminar und Volksschule, Anstalten für Wohltätigkeit und sociale Zwecke, Vereine sowie Religiöse Abzeichen, Heiligenbilder und auch das Heilige Loch umfaßt.
Lochs Ausführungen zu seiner wichtigsten Stiftung, dem „St. Martha-Asyl für bejahrte Dienstmägde“, geben einen Einblick in seine Gedankenwelt. In der alten Zeit, so meint er, hätten Familien, Innungen und fromme Stiftungen aus dem Grundprinzip der christlichen Nächstenliebe Notleidenden Hilfe geleistet. Mit kritischen Bemerkungen gegenüber den Großcapitalisten und der aufstrebenden Industrie, die das Lumpenproletariat verursachten und die sociale Frage entstehen ließen, verweist er auf die neueingerichteten Krankenkassen, Invaliden-Versicherungen und Altersrenten für Arbeiter, während die Dienstmägde jedoch vergessen worden seien. Für diese unterprivilegierte Gruppe möchte Loch im Geiste der christlichen Tradition ein Asyl als Heim stiften, das freie Wohnung und eine kleine Unterstützung bietet. In Anknüpfung an das verschwundene St.Martha-Haus und das Ehehalten- und Dienstboten-Haus im Bereich der Pfarrei St. Gangolf ließ Loch deshalb 1886 in der Bamberger Färbergasse 1 a ein Haus mit 16 Plätzen für bejahrte Dienstmägde errichten und mit einem Stammkapital von 20 000 Mark ausstatten. Da die Kirchenverwaltung von St. Gangolf die Geschäftsführung ablehnte, übertrug Loch die Verwaltung seiner Stiftung der Stadt Bamberg. Wie modern Loch dachte, zeigt sich in der Anlage des Hauses, wo je zwei Bewohnerinnen zwei Zimmer mit Küche gemeinsam hatten. Die von ihm verfaßten Dokumente, der „Stiftungsbrief“, die „Anmerkungen für die Vorsteherin“ und die „Hausordnung“, zeugen von Weitsicht und Klugheit. Lochs Stiftungsvermögen ging in die 1987 von der Stadt Bamberg errichtete „Schwesternhaus-Stiftung für würdige, bedürftige, ältere alleinstehende Frauen, vor allem frühere Dienstboten und Witwen“ über. Loch betreute von 1866 bis 1875 und nochmals von 1885 bis zu seinem Tod die vereinseigene Münzen- und Medaillensammlung, als deren kundigen Herrn Konservator ihn der „Bericht“ für 1886/87 nennt.
Der Bericht für das Jahres 1884 meldet: Mit Beginn des Jahres 1884 trat der bisherige erste Vorstand des Vereins Herr geistl. Rath, kgl. Lyzeal-Professor Dr. Loch von der Leitung des Vereins zurück. Durch 7 Jahre stand genannter Herr dem Vereine vor und förderte dessen Zweck mit seinem reichen Wissen auf dem Gebiet des Localgeschichte. In der Sitzung vom 10. Januar 1884 ernannte der Ausschuß des Vereins Loch unter wärmster Anerkennung seiner Verdienste zum Ehrenvorstande. Der Bericht von 1893 gedenkt unter den Toten besonders pietätvoll des so lange an der Spitze des Vereins gestandenen Prälaten Dr. Loch.
Ein ausführlicher Nachruf auf Loch stammt von Martin Katzenberger im „Jahresbericht des Königl. Bayerischen Lyceums“. Katzenberger kennzeichnet Loch als sehr kritische Natur, ein Mann des trockenen, reflectierenden Verstandes, der es in der Bibelwissenschaft wie in der Geschichte zu einer bedeutenden Fachgelehrsamkeit brachte. Was ihm am Vortrage mangelte, das ersetzte er durch Klarheit und kritische Schärfe. Berufstreue, Ordnungsliebe und Pünktlichkeit zeichneten ihn aus. Loch hatte ein Herz für seine Vaterstadt und ein offenes Auge für die sociale Notlage der Gegenwart. Davon zeugen neben dem oben genannten „St. Martha-Asyl“ die „Stiftung zur Zahlung der Umlagen für minder bemittelte Einwohner Bambergs“ und die „Bücherstiftung für Candidaten der Theologie am Lyceum in Bamberg“.
Der General-Personal-Schematismus der Erzdiözese Bamberg rühmt Lochs Tätigkeit im Historischen Verein, der unter ihm in hoher Blüte stand, nennt ihn einen großen Numismatiker und lobt, daß er sein bedeutendes Vermögen in wohltätige Stiftungen einbrachte. Dem Historischen Verein vermachte Loch aus seinem Nachlaß eine stattliche Zahl vortrefflicher Druckwerke sowie sieben Münzen und Medaillen. Seine Gruft auf dem Bamberger Hauptfriedhof ist bis heute erhalten.
Mit Valentin Loch hatte der Historische Verein einen Vorsitzenden und Mitarbeiter, der seine in der Bibelwissenschaft erworbene wissenschaftliche Qualifikation aus Liebe zu seiner Heimatstadt in den Dienst der Ortsgeschichte stellte, seine Arbeitskraft im Historischen Verein der von ihm als wichtig eingeschätzten regionalen Forschung zukommen ließ und – trotz seines Engagements für die Geschichte – als für die Probleme der Gegenwart interessierter Zeitgenosse immer eine große Sensibilität und eine offene Hand für die soziale Not seiner Mitbürger hatte.