Ich stimme zu

HV-Bamberg.de benutzt Cookies, um seinen Lesern das beste Webseiten-Erlebnis zu ermöglichen. Durch die Nutzung der Webseite stimmen Sie der Datenschutzerklärung und der Verwendung von Cookies zu. Weiterführende Informationen erhalten Sie in der Datenschutzerklärung von HV-Bamberg.de. Datenschutzerklärung

Ein renommierter Historiker und Ehrenvorsitzender des Historischen Vereins

Prof. Dr. Gerd Zimmermann ist am 5. August 2013 verstorben

Bild "Verein:zimmermann.jpg"
Gerd Zimmermann bei seiner
Abschiedsvorlesung am 18.2.1993
(Foto: Universitätsarchiv Bamberg)
Vor wenigen Tagen ist im Alter von 88 Jahren Prof. Dr. Gerd Zimmermann verstorben. Er war vom 18.3.1975 bis zum 31.3.1993 der erste Inhaber des heutigen Lehrstuhls für Mittelalterliche Geschichte unter Einbeziehung der Landesgeschichte an der als Gesamthochschule wiedergegründeten Universität Bamberg und 1975-1977 der erste Geschäftsführende Dekan der Fakultät Geschichts- und Geowissenschaften.

Gerd Zimmermann wurde in Morchenstern/Smržovka geboren, im damals überwiegend deutschsprachigen Teil der Tschechoslowakei, der nach dem Münchener Abkommen 1938 als Sudetenland vom Deutschen Reich annektiert wurde. Er besuchte 1930-35 die Grundschule in Morchenstern/Smržovka und 1935-42 das Staatsrealgymnasium in Gablonz an der Neiße/Jablonec nad Nisou. Nach dem Abschluss der 11. Klasse wurde er 1942 zum Reichsarbeitsdienst und bald darauf zum Militärdienst eingezogen.

Das Kriegsende erlebte er in Schleswig-Holstein, wo er 1945-1946 die Oberschule für kriegsgefangene Soldaten in Büsum besuchte und am 18.4.1946 das Abitur nachholte. Zum Sommersemester 1946 immatrikulierte er sich mit den Fächern Geschichte, Germanistik und Geographie an der Universität Würzburg, wo er 1951 mit „summa cum laude“ promoviert wurde. Sein Weg führte ihn als wissenschaftliche Hilfskraft an das Historische Institut der Philosophisch-Theologischen Hochschule Bamberg (1.2.1952-30.9.1953).

Von 1953 bis 1960 ermöglichte ihm ein Forschungsstipendium des Freistaates Bayern die Abfassung seiner Habilitationsschrift, die er überwiegend in Bamberg verfasste und 1960 an der Universität Würzburg vorlegte. Als wissenschaftlicher Assistent, seit 1967 Universitätsdozent und außerplanmäßiger Professor und seit 1970 wissenschaftlicher Rat und Professor blieb er an der Universität Würzburg tätig; hinzu kamen Lehrstuhlvertretungen in Erlangen 1961/62 und 1966/67 und in Würzburg 1969-1973.

Berufung an die Universität Bamberg

Gerne hätten die Studierenden der Universität Würzburg ihn als Nachfolger seines akademischen Lehrers Otto Meyer auf dem Würzburger Lehrstuhl gesehen, doch ließ er sich von der Gründungsrektorin der Gesamthochschule Bamberg, Prof. Dr. Elisabeth Roth, überzeugen, den Ruf auf den Bamberger Lehrstuhl anzunehmen und das Fach Geschichte und die Fakultät Geschichts- und Geowissenschaften aufzubauen. Seine Berufung hat großen Anteil daran gehabt, den Ruf der damaligen Gesamthochschule und heutigen Otto-Friedrich-Universität Bamberg in der Wissenschaftslandschaft Bayerns und Deutschlands zu begründen und zu festigen. Denn gerade in der Anfangsphase der Gesamthochschule war es wichtig, wissenschaftliche Reputation über renommierte Wissenschaftler aufzubauen.

Zum 18.3.1975 wurde er, wie sein Vorgänger an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Prof. Dr. Alois Gerlich, zum „Professor für Geschichte“ ernannt (gemeint war die Profangeschichte im Gegensatz zur Kirchengeschichte als theologischer Disziplin). Bald darauf wurden auch Professoren für Alte, Neuere und Neueste Geschichte berufen, doch erst 1988 erhielt sein Lehrstuhl die heutige Bezeichnung „Mittelalterliche Geschichte unter Einbeziehung der Landesgeschichte“.

Forschungsschwerpunkte

Forschungsschwerpunkte von Gerd Zimmermann waren vor allem die Heiligenverehrung und die Klöster im Mittelalter. In seiner Dissertation befasste er sich mit „Patrozinienwahl und Frömmigkeitswandel im Mittelalter, dargestellt an Beispielen aus dem alten Bistum Würzburg“, seine Habilitationsschrift behandelte „Die cura corporis in den Ordensvorschriften des abendländischen Hochmittelalters“. Beide Schriften, ebenso wie seine zahlreichen Aufsätze zu Hagiographie, Frömmigkeitsgeschichte und Klosterentwicklung in Franken, haben aufgrund seiner quellennahen und stets präzisen Arbeitsweise ihren Wert bis heute behalten.

Mit dem Wandel der Frömmigkeitsformen und der Frage nach dem Stellenwert der Sorge für den eigenen Körper im mittelalterlichen Mönchtum hat er bereits früh Fragen aufgegriffen, die in der neueren Kulturgeschichte der letzten Jahre neue Aktualität gewonnen haben und heute als zentrale, innovative Forschungsfelder begriffen werden. Zu einer auch außerhalb der Universität geschätzten Autorität wurde Gerd Zimmermann auf dem Gebiet der Heraldik insbesondere des fränkischen Raumes. Für mehrere Bamberger Erzbischöfe entwarf er das Wappen; zahlreiche fränkische Kommunen suchten seinen Rat, wenn es um die Gestaltung von Gemeindewappen ging.

Mit großem Engagement widmete sich Gerd Zimmermann seinen Aufgaben in der akademischen Selbstverwaltung, die gerade in der Phase der Aufbaujahre in Bamberg einen großen Teil seiner Arbeitskraft und der seines Assistenten in Anspruch nahm. Als er im Wintersemester 1981/82 ein Forschungsfreisemester in Anspruch nahm, konnte er darauf verweisen, „daß ich seit 20 Jahren im universitären Lehrbetrieb stehe, ohne bisher jemals ein Freisemester beantragt zu haben“.

Ehrenamtliches Engagement und Publikationen

Forschung und Öffentlichkeitsarbeit sah er „als eine zusätzliche Aufgabe des akademischen Lehrers“ an, die er aber doch mit großem Engagement wahrnahm, insbesondere im Historischen Verein Bamberg, dessen Vorsitzender er von 1977 bis 1997 war und im Forschungskreis Ebrach, den er als sein „Landgut“ betrachtete, aber auch in der Ackermanngemeinde, durch die er seiner nordböhmischen Heimat verbunden blieb. Am 23.5.1981 wurde er in Augsburg in den Ritterorden vom Heiligen Grab zu Jerusalem aufgenommen, dem er, zuletzt als Komtur, bis zu seinem Tod angehörte. Mit dem Ablauf des Wintersemesters 1992/93 wurde er wegen Vollendung des 68. Lebensjahres emeritiert.

Zahlreiche weitere Aufsatzpublikationen auch aus den folgenden Jahren zeigen aber, dass er die Tätigkeit des Forschers als eine lebenslange Aufgabe begriffen hat. Der Historische Verein Bamberg veröffentlichte in seinem Bericht 120 (1984) ein Verzeichnis seiner bis zu diesem Zeitpunkt erschienen Schriften und widmete ihm 1994 eine Festschrift. Die wichtigsten Publikationen liegen in Form von Nachdrucken vor, die sein Schüler Prof. Dr. Dr. Ulrich Knefelkamp (Frankfurt/Oder) 1989 (Ecclesia – Franconia – Heraldica. Gesammelte Abhandlungen), 1994 (Patrozinienwahl und Frömmigkeitswandel) und 1999 (Ordensleben und Lebensstandard) herausgab.

Der Verstorbene war ein allseits beliebter Kollege und engagierter Hochschullehrer, der seine vielfältigen Aufgaben in Forschung, Lehre und akademischer Selbstverwaltung mit außerordentlichem Einsatz wahrgenommen hat. Er genoss hohes Ansehen und hat sich durch sein Wirken große Wertschätzung und Sympathien auch weit über die Universität hinaus erworben. Die Universität Bamberg, die Fakultät Geistes- und Kulturwissenschaften und das Institut für Geschichtswissenschaften und Europäische Ethnologie werden den renommierten Historiker und freundlichen Kollegen Gerd Zimmermann nicht nur nicht vergessen, sie werden seiner immer dankbar und ehrend gedenken.

Abdruck des Nachrufs mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. Klaus van Eickels
Lehrstuhl für Mittelalterliche Geschichte unter Einbeziehung der Landesgeschichte
Universität Bamberg