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Kurzbiographien bedeutender Vereinsmitglieder

HEINRICH MAYER (1881–-1957)
HOCHSCHULPROFESSOR - THEOLOGE -– PÄDAGOGE –- KUNSTHISTORIKER

von PETER RUDERICH in BHVB 141 (2005) 224–-228
Wohl kein anderer, der sich mit der Kunst- und Architekturgeschichte des Bamberger Gebiets beschäftigt hat, ist so populär geworden wie Heinrich Mayer. Auch heute noch, ein halbes Jahrhundert nach seinem Tod, greift man wie selbstverständlich nach seinen beiden Standardwerken – „Bamberg als Kunststadt“ und „Die Kunst des Bamberger Umlands“ – , wenn man sich rasch vor allem über die sakrale Kunstgeschichte der Stadt und der Umgebung informieren will. Für den Landkreis Bamberg, den Altlandkreis Höchstadt a. d. Aisch und den Altlandkreis Ebermannstadt ist „der Mayer“ immer noch grundlegend, muß er hier doch bis heute ein fehlendes Kunstdenkmalinventar ersetzen.
Indes wies Mayers Lebensweg zunächst in eine andere Richtung: Als Sohn eines Betriebsingenieurs geboren und aufgewachsen in Nürnberg, studierte er 1899/ 1900 zwei Semester Architektur an der TH München. Im Wintersemester 1900/01 wechselte er an die Universität München, um sich dort der Philosophie, katholischen Theologie und Kunstgeschichte zu widmen, Studien, die er an der Universität Bonn und schließlich an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Freising fortsetzte. Hier wurde Heinrich Mayer am 29. Juni 1905 zum Priester geweiht; anschließend wirkte er als Kaplan in Bad Reichenhall und München. In München wurde er 1911 bei dem Kirchengeschichtsprofessor Alois Knöpfler mit einer Arbeit zur Sakramentenspendung im Erzstift Salzburg zum Doktor der Theologie promoviert; im Jahr 1914 habilitierte er sich schließlich mit einer religionspädagogischen Arbeit zu Kinderidealen zum Privatdozenten für Katechetik und Pädagogik. Kurz nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurde er als Feldgeistlicher einberufen. 1917 lehnte Mayer noch einen Ruf auf den Lehrstuhl für Praktische Theologie in Bonn ab, die Berufung zum außerordentlichen Hochschulprofessor für Pädagogik und Katachetik am Lyzeum ab 1923 Philosophisch-Theologischen Hochschule – in Bamberg zum 1. Oktober 1918 nahm er dann jedoch an. Seit 1925 war er ordentlicher Hochschulprofessor. Verbunden mit dieser Ernennung war von Anfang an ein Lehrauftrag für allgemeine und christliche Kunstgeschichte, den er 30 Jahre lang erfüllte. Doch zunächst galt seine Aufmerksamkeit hauptsächlich katechetischen und pädagogischen Fragen. Er verfaßte ein Lehrbuch, betätigte sich als Mitherausgeber der „Katechetischen Blätter“, als Fachgruppenleiter für Katechetik am „Lexikon für Theologie und Kirche“ sowie als Mitarbeiter am „Lexikon der Pädagogik der Gegenwart“, am evangelischen Lexikon „Religion in Geschichte und Gegenwart“ und an Thieme/Beckers „Allgemeinem Künstlerlexikon“.
Als Heinrich Mayer 1930 Leiter der Bamberger Hochschule wurde, hatte seine Rektoratsrede jedoch Grundfragen zeitgenössischer christlicher Kunst zum Thema, ein Bereich, der ihn ebenso wie Kunstgeschichte zunehmend beschäftigte. Für die Gegenwartskunst lehnte er dabei einen Rückgriff auf historistische Elemente klar ab und forderte eine zeitgemäße Ausgestaltung als Kunst unserer Zeit [...] mit den Mitteln der Gegenwart. In der Kunstgeschichte widmete sich Mayer ganz der Erforschung von Kunstdenkmalen in Stadt und ehemaligem Hochstift Bamberg. Die von ihm veranlaßten Grabungen und Untersuchungen auf dem Bamberger Domberg in den 1930er Jahren waren grundlegend für die Erforschung von Kathedrale und Pfalz; sie ermöglichten erstmals eine genauere Vorstellung der Anlagen von der Bistumsgründung bis zur Stauferzeit und führten zur Wiederentdeckung der 1020 geweihten bischöflichen Hauskapelle. In einer Denkschrift regte Heinrich Mayer bereits 1936 an, den Dom liturgisch auf den Westchor als den ursprünglichen Hauptchor auszurichten – ein Gedanke, den man schließlich 1975 verwirklichte. Weiten Kreisen bekannt wurde der Gelehrte jedoch durch seine zahlreichen Forschungen und Veröffentlichungen zur Kunstgeschichte der Stadt Bamberg und ihres fränkischen Einflußgebiets, die in der eingangs genannten zweibändigen lexikographischen Aufnahme gipfelten, die ihm in Anspielung auf Goethes Freund Heinrich Meyer den Namen „Kunst-Mayer“ einbrachte. Als Theologe beschäftigte er sich auch bei seinen kunsthistorischen Arbeiten hauptsächlich mit Kirchen und ihrer Ausstattung. In seinen Untersuchungen zu Profanbauten konzentrierte sich Mayer auf die fürstbischöflichen Hofhaltungen; die Ergebnisse dieser vor allem quellenkritischen Forschungen faßte er in dem gewichtigen Band „Bamberger Residenzen“ zusammen. Wenngleich zahlreiche der stilistischen Zuschreibungen in seinen Arbeiten – so an den spätmittelalterlichen Bildschnitzer Hans Nußbaum oder auch an den Hofbaumeister Johann Jakob Michael Küchel – einer heutigen kritischen Überprüfung nicht standhalten, so sind seine Publikationen als erste systematische Erfassung der Kunstgeschichte des Bamberger Landes in ihrer vielfältigen Material- und Detailfülle dennoch von bleibendem Wert.
1933 bis 1942 Prorektor der Bamberger Hochschule, wurde Heinrich Mayer zum 1. November 1946 emeritiert, führte seine kunstgeschichtlichen Lehrveranstaltungen aber bis zum Ende des Sommersemesters 1948 fort. Dank seiner Mitgliedschaft in zahlreichen Gremien und Vereinigungen konnte Mayer seinen Einfluß besonders in Fragen des Denkmalschutzes und des Kirchenbaus zur Geltung bringen: So war er langjähriger Diözesanvertreter in der „Gesellschaft für Christliche Kunst“, von der Regierung bestellter Denkmalpfleger für den Landkreis Bamberg, Mitglied des Kunstbeirates und der Denkmalkommission der Stadt Bamberg.
Mannigfaltige Ehrungen wurden dem zeitlebens bescheidenen Priestergelehrten zuteil. Unter anderem war er päpstlicher Hausprälat, Inhaber des Bundesverdienstkreuzes und Ehrenmitglied des Historischen Vereins Bamberg, dessen Bestrebungen vor allem in den Bereichen Volksbildung und Sammlungswesen er, bereits 1918 beigetreten, über Jahrzehnte nachhaltig förderte. Seine Vorträge und Führungen waren legendär. Seit 1919 gehörte Heinrich Mayer dem Vereinsausschuß an. Die kunst- und kulturgeschichtlichen Sammlungen des Vereins inventarisierte er in jahrelanger Arbeit neu. Wesentlich seiner Initiative ist die Eröffnung des „Fränkischen Heimatmuseums“ in der Alten Hofhaltung 1938 zu verdanken, in dem die Sammlungen des Historischen Vereins mit denen der Stadt vereint aufgestellt sind, um ein Museum zu schaffen, das einigermaßen der einstigen Bedeutung des Hochstifts und der Stadt gerecht wird und das wenigstens über Kunst und Kunstgewerbe einen den Tatsachen entsprechenden Überblick über die Vergangenheit [...] gewährt. Seine enge Verbindung zum HistorischenVerein zeigte sich nicht zuletzt darin, daß er die erste Auflage seiner „Kunst des Bamberger Umlandes“ 1930 als Jubiläumsgabe zum 100jährigen Bestehen den Mitgliedern überreichte. Der Verein wiederum widmete seinem Förderer zu dessen 70. Geburtstag 1951 den 90. Jahresbericht.
Als Heinrich Mayer am 15. Februar 1957 nach längerer Krankheit verstarb, vermachte er dem Historischen Verein seinen literarischen Nachlaß, seine Plan-, Graphik- und Fotosammlung sowie den geschichtlichen Teil seiner Bibliothek, seine kunsthistorischen Bücher schenkte er der Staatsbibliothek, den Städtischen Kunstsammlungen übereignete er 20 Foliobände mit eigenen Architekturzeichnungen und Aquarellen. Trotz intensiver Bemühungen gelang es dem Historischen Verein später nicht, die Stadt Bamberg davon zu überzeugen, nach Heinrich Mayer eine Straße zu benennen – ein bis heute überlegenswerter Vorschlag – und sein Grab wegen der besonderen Verdienste des Verstorbenen als städtisches Ehrengrab auszuweisen. So übernahm der Verein die Pflege des Grabes Nr. 18, Reihe C in der I. Abteilung des Bamberger Friedhofs und bewahrt so bis heute diesem großen Gelehrten ein sichtbares, ehrendes Andenken.