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Kurzbiographien bedeutender Vereinsmitglieder

ANDREAS AUGUSTIN SCHELLENBERGER (1746–-1832)
PFARRVERWESER, STADTPFARRER, GEISTLICHER RAT

von MANFRED F. FISCHER in BHVB 141 (2005) 252–-255
Gleich an vier Orten in Bamberg findet sich eine Memoria für Andreas Augustin Schellenberger, den langjährigen und beliebten Stadtpfarrer an der Oberen Pfarrkirche, was auf eine besondere Bedeutung dieses Priesters für die Stadt schließen läßt: Da ist sein Grabstein unter einem großen, steinernen Kreuz als einzig erhaltener, freilich veränderter Rest seiner Grabstelle auf dem ehemaligen Friedhof auf dem Stephansberg. Ein Inschrift-Epitaph an einem Langhauspfeiler in der Oberen Pfarrkirche selbst, dediziert von der Krankenhausstiftung, hat Michael Landgraf gestaltet. Eine Gedächtnistafel des Historischen Vereins von 1865 aus rotem Sandstein ziert eine Fassade des dortigen Pfarrhauses. Und schließlich wurde nach ihm eine Straße am Oberen Stephansberg benannt. Es ist also angezeigt, die vielfältigen Verdienste des Geehrten für die Stadt und ihre Institutionen aufzuzeigen, über den bisher noch keine zusammenfassende Vita besteht.
Andreas Augustin Schellenberger wurde am 7. März 1746 als Kirchnerssohn in Bamberg geboren. Fast sein ganzes Leben hat er später auch hier verbracht.
Zum Priester wurde er ordiniert am 9. Mai 1772, war zuerst am 3. November 1772 Kooperator in Lichtenfels, sodann ab 20. November 1773 Kaplan an der Pfarrkirche U. L. Frau in Bamberg, zugleich Frühmeßbenefiziat. Seit dem 16. September 1782 war er Pfarrverweser an dieser Kirche. Am 22. Januar 1791 wurde er zum wirkl. geistl. Rat ernannt. Er war ein höchst verdienstvoller Priester, mit der Bamberger Politik seiner Zeit als langjähriger Zeitgenosse eng vertraut. Er kümmerte sich intensiv um die Pflege seiner Gemeinde und seiner Pfarrkirche, deren Geschichte er herausgab: 1787 erschien zur Vierhundertjahrfeier seine groß angelegte Monographie mit Beschreibung der Pfarrei und ihrer Kirche samt Ausstattung. Doch auch zeitgeschichtliche Ereignisse bewegten ihn. So schrieb er 1796 ein lateinisches Tagebuch über den Franzoseneinfall vom August 1796 in Bamberg, der ihn mit den Folgen der französischen Revolution konfrontiert hatte.
Schellenberger lebte in einer Zeit des Umbruches der bisher vertrauten politischen, kirchlichen und gesellschaftlichen Systeme. Nach der Säkularisation wirkte er segensreich an der Leitung der Diözese mit. So war er Senior des Generalvikariates, als der Bischofsstuhl verwaist war (1808–1821). Er war intensiv beteiligt bei der Neuorganisation der Pfarreien in Bamberg nach dem Übergang an Bayern. Ab 29. Dezember 1805 wurde er nach der neuen Ordnung einziger und wirklicher Pfarrer der Oberen Pfarre. In der bischofslosen Zeit 1808–1818 war er mit sieben anderen Räten unter einem Präsidenten Mitglied des königl. geistlichen Rates, eines Kollegiums, das im Auftrag der kgl. bayerischen Regierung die kirchlichen Geschäfte des säkularisierten Fürstbistums besorgte.
Schon unter Fürstbischof Franz Ludwig von Erthal leitete Schellenberger das Armenwesen der Stadt, das ihm sehr am Herzen lag, und erwarb sich Verdienste um das Allgemeine Krankenhaus, das später auch Haupterbe seines Vermögens wurde. Schon bei der Grundsteinlegung am 29. Mai 1787 hatte er mit dem Bamberger Klerus im Beisein des Fürstbischofs von Erthal fungiert. Anläßlich der Eröffnung 1789 hielt er bei einer Feier in der Oberen Pfarre eine vielbeachtete Rede. Schellenberger war in der Aufsichtskommission des Allg. Krankenhauses auch noch nach dem Ende des Fürstbistums tätig und beriet das kurfürstliche Generalkommissariat. Auf seine Anregung wurde das alte Waisenhaus am Unteren Kaulberg 30, das 1804 mit der Säkularisation aufgelöst worden war, 1824/28 wieder begründet.
Unter Fürstbischof Christoph Franz von Buseck mußte er den neuen Friedhof auf dem Stephansberg für die Einwohner links der Regnitz anlegen lassen, da nach der Entschließung vom 12. Dezember 1797 die alten innerstädtischen Beerdigungsplätze aufgelassen wurden. Er war innerlich dagegen gewesen, mußte daher mehrmals gemahnt werden. Am 11. Januar 1802 hatte Buseck die neue „Leichen- und Trauerordnung“ in Kraft gesetzt. Die erste Bestattung am Stephansberg war am 1. Oktober 1802 vorgenommen worden.
Als großer Freund der schönen Künste rettete Schellenberger nach der Säkularisation viele Kunstwerke aus aufgebenen bzw. zum Abbruch vorgesehenen Kirchen Bambergs, vor allem aus der Franziskaner-Klosterkirche bzw. aus St. Clara, von denen er viele in die Obere Pfarrkirche verbrachte. Er kümmerte sich auch um die Sammlung des 1790 verstorbenen Chorregenten Joseph. Sebastian Schramm, eines frühen Vertreters der inventarisierenden Denkmalpflege in Bamberg, von der er ein Verzeichnis anlegte. Er brachte damals vor allem aus dem Bamberger Umfeld eine beachtliche, ja bedeutende Sammlung von Kunstwerken und Altertümern zusammen. Durch sein Testament wurde diese zum Grundstock der seit 1838 bestehenden heutigen städtischen Sammlungen. Zu ihr gehörten 37 meist altdeutsche Gemälde und 60 Elfenbein- und Holzschnitzarbeiten. Auch um vorhandene Kunstwerke in seiner Kirche kümmerte er sich eifrig. So holte er 1829 von Friedrich Carl Rupprecht ein Gutachten zur Wiederherstellung bzw. Ausschmückung der spätmittelalterlichen Taufe ein. Er war also lebhaft interessiert an Geschichte und Kunst.
Als er 1822 sein fünfzigjähriges Priesterjubiläum feierte, erhielt Schellenberger von den Kaplänen der Oberen Pfarre eine Darstellung zur Geschichte der Kirche, als Fortsetzung seines eigenen früheren, sehr verdienstvollen Opus. Die Pfarrkinder des III. Stadtbezirks widmeten ihm ein langes Jubelgedicht.
Am 8. Juli 1830 wurde im Pfarrhaus der Oberen Pfarre in Schellenbergers Beisein der Historische Verein Bamberg gegründet. Er stand gleichsam an dessen Wiege, als nach dem Bamberg-Besuch König Ludwigs I. im Juni 1830 allgemein von den Geschichtsfreunden dazu angeregt worden war. Noch mehrere Treffen des Vereins fanden 1830 dort statt.
Schellenberger starb, fast erblindet, hoch betagt am 26. Februar 1832. Er war in Bamberg sehr verehrt, hatte 1822 zu seinem Priesterjubiläum von König Maximilian I. die goldenen Zivildienstmedaille verliehen bekommen. Seinen Tod meldete auch der Historische Verein in seinem Bericht von 1834: Der Tod des hochverdienten Greises, Herrn geist. Rathes und Stadtpfarrers Schellenberger, der körperlich erblindet, mit dem inneren Auge nichts übersah, was die Ehre und das Wohl Bambergs betraf, war auch für unsere Gesellschaft ein großer Trauerfall. Nach der Aussegnung in der Oberen Pfarrkirche bewegte sich damals ein sehr langer Trauerzug durch die Stadt, die Glocken, auch der evangelischen Kirche, läuteten. Er vermachte seine Bibliothek dem erzbischöflichen Priesterseminar. Als Erben setzte er das Allgemeine Krankenhaus ein. Er wurde bestattet auf eigenen Wunsch inmitten seiner Pfarrkinder auf dem von ihm selbst angelegten, später aber wieder aufgelassenen Friedhof auf dem Stephansberg. Sein Grab erhielt er zu Füßen des einst in seinem Auftrag von Johann Wilhelm Wurzer gearbeiteten steinernen Kruzifixes, das von 1836 bis zu ihrem Abbruch 1872 in eine vom Franz Konrad Schneider’schen Benefizium (gest. 1. Januar 1823) dort erbaute kleine Kapelle inkorporiert war. Nach der Auflassung des Friedhofes und nach der Bebauung des Geländes künden heute nur noch das Kreuz und der erneuerte Stein von seinem Grab.