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Kurzbiographien bedeutender Vereinsmitglieder

DR. HEINRICH WEBER (1834–-1898)
LYZEALPROFESSOR UND HISTORIOGRAPH

von LOTHAR BRAUN in BHVB 141 (2005) 270–-274
Heinrich Weber stammte – wie auch seine Eltern – zwar aus Unterfranken, doch ging er schon seinen Studien teilweise in Bamberg nach. Er wurde am 21. Juni 1834 in dem kleinen Marktflecken Euerdorf an der Fränkischen Saale (Landkreis Bad Kissingen), damals Sitz eines Landgerichts, geboren, wo sein Vater als königlich-bayerischer Landrichter wirkte. Als der Vater bald darauf in die Dienste des Fürsten von Leiningen als Herrschaftsrichter trat, verzog die Familie in das Odenwaldstädtchen Amorbach. Dort besuchte der Knabe die Lateinschule, siedelte aber nach dem frühen Tod seines Vaters 1846 mit seiner Mutter und seinen Geschwistern nach Würzburg über, wo er an der Lateinschule und am Gymnasium seine Ausbildung fortsetzte. Wegen seiner besonderen schulischen Leistungen und der bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnisse seiner Mutter wurde ihm 1849 ein Freiplatz im Aufseesianum in Bamberg gewährt. Dieses von dem Bamberger und Würzburger Domherrn Jodocus Bernhard von Aufseß 1738 gestiftete Studienseminar hatte satzungsgemäß ein Drittel seiner Freiplätze an talentierte Knaben aus dem ehemaligen Hochstift Würzburg zu vergeben, weshalb im 19. Jahrhundert zahlreiche Schüler aus Unterfranken – so auch Weber – ihre Gymnasialstudien in Bamberg absolvierten. Anschließend studierte er ein Jahr Philosophie am Lyzeum in Bamberg, war gleichzeitig Präfekt am Aufseesianum und nahm 1854 das Studium der Theologie an der Universität Würzburg auf, an dessen Ende die Priesterweihe am 9. August 1857 in Würzburg stand. Die ihm angebotene Möglichkeit, das Germanikum in Rom besuchen zu können, hatte er aus gesundheitlichen Gründen ausschlagen müssen.
Weber wirkte nun einige Jahre als Kaplan in der Seelsorge, zuletzt seit 1860 in Schweinfurt, wo er gleichzeitig den Religionsunterricht am Gymnasium und an der Gewerbeschule erteilte und zeitweise auch die Pfarrverwesung innehatte. Von hier wurde er 1865 an die Lateinschule und im folgenden Jahr an das Gymnasium Würzburg berufen, um hier als Gymnasialprofessor die Fächer Religion und Geschichte zu unterrichten.
Am 7. August 1871 wurde Weber zum außerordentlichen Professor der Geschichte am Lyzeum in Bamberg ernannt, ohne das Doktorat oder die Habilitation erlangt zu haben. Es gab nur wenige vergleichbare Fälle, in denen im 19. Jahrhundert Gelehrte, die sich im höheren Schuldienst bewährt hatten, ohne akademischen Grad an Lyzeen berufen wurden. Weber rechtfertigte die in ihn gesetzten Erwartungen vollauf. 1889 ernannte ihn die Theologische Fakultät der Universität Würzburg zum Dr. theol. honoris causa und am 1. Juli 1892 stieg er zum ordentlichen Lyzealprofessor auf. Seine in über 26 Jahren ausgeübte Lehrtätigkeit umfaßte das gesamte Spektrum der historischen Wissenschaften einschließlich der Propädeutik und der Hilfswissenschaften. In seinen Vorlesungen behandelte er auch die Bamberger Geschichtsquellen und die Geschichte des Hochstifts Bamberg. Seine Lehrtätigkeit wurde von Zeitgenossen wegen ihrer „Gründlichkeit, Unparteilichkeit, Vollständigkeit und höchst sorgfältig(er) Ausarbeitung“ gerühmt. Hinzu kam „eine imponierende Sicherheit und Ruhe in seinen Ausführungen“.
Neben seiner akademischen Lehrtätigkeit entfaltete Weber eine ausgedehnte schriftstellerische Tätigkeit, bei der Themen zur Geschichte des Hochstifts Bamberg und dessen Einrichtungen im Vordergrund standen. Gerade in diesem Bereich wird seine enge Bindung zum Historischen Verein deutlich, dessen eifriges Mitglied er seit 1871 war. Seine wichtigsten literarischen Werke wurden in den Berichten des Vereins veröffentlicht. Es sind dies vor allem sein „Beitrag zur Geschichte des Collegiatstifts zum hl. Stephan in Bamberg“ (1878), sein Hauptwerk, die „Geschichte der gelehrten Schulen im Hochstift Bamberg von 1007–-1803“ (1880 ff.), das „Bamberger Weinbuch“ (1884) und die umfangreiche Darstellung „Das Bisthum und Erzbisthum Bamberg, seine Einteilung in alter und neuer Zeit und seine Patronatsverhältnisse“ (1895). Kleinere Abhandlungen betrafen meist Quellenbearbeitungen und -veröffentlichungen. In selbständigen Veröffentlichungen befasste er sich mit der Geschichte des Aufseesianums (1880), dem Christenlehrunterricht im Bistum Bamberg (1883), mit P. Marquard von Rotenhan SJ (1885), Fürstbischof Johann Gottfried von Aschhausen (1889) und dem Kirchengesang im Fürstbistum Bamberg (1893). Zahlreiche Beiträge meist lokal- und regionalgeschichtlichen, aber auch volkskundlichen Inhalts lieferte er für die Programme des Lyzeums, die Frankfurter „Zeitgemäßen Broschüren“, den Bamberger Stadt- und Landkalender, den Sulzbacher Kalender für katholische Christen und das Archiv für christliche Kunst. Außerdem war Weber Mitarbeiter der Historisch-politischen Blätter, zahlreicher Zeitschriften und des in Freiburg bei Herder erschienen Kirchenlexikons, für das er gegen 50 Artikel verfaßte.
Hinzu kam eine reichhaltige Vortragstätigkeit in verschiedenen, meist katholischen Vereinen vom Gesellenverein bis zur Görresgesellschaft, aber auch im Historischen Verein, die in den alljährlichen Tätigkeitsberichten aufgeführt sind. Die ab 1884 aufkommenden Studienfahrten, die meist mit der Eisenbahn unternommen wurden, bereicherte er mit Vorträgen über die Zielorte, die teilweise gedruckt wurden. Dem Vereinsausschuß gehörte er von 1881 bis zu seinem Tode an. Hier oblag ihm seit 1882 auch die Betreuung der Urkunden, Handschriften und sonstigen Archivalien.
Mitten in seinem beruflichen und schriftstellerischen Schaffen bereitete seinem Leben am 18. Januar 1898 ein Herzschlag, der ihn im Domkapitelhause ereilte, ein unerwartetes, auch für die Geschichtswissenschaft viel zu frühes Ende. Sein Grab in der II. Abteilung des Bamberger Friedhofes wurde 1962 aufgelassen, doch wurden seine sterblichen Reste 1964 in die als städtisches Ehrengrab dienende Schönlein’sche Gruft überführt. Außerdem hält ein in Bamberg-Ost nach ihm 1933 benannter Platz die Erinnerung an den bedeutenden Bamberger Historiker wach.